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Kopfgeldjäger
Es roch etwas verschmort und die Beleuchtung in der Kanzel wurde spürbar
dunkler. Die Zeichen wurden schlimmer, als rechts neben Commander Xay eine
kleine Wartungsklappe aufschnappte und drei kleine Roboter flink unter
das Amaturenbrett krochen.
"Status?" fragte Xay, als dann plötzlich alle Lichtchen
auf "rot" gingen.
"Ich bin ma' rechts ran gefah'n, Chef", tönte der Bordcomputer.
"Wie bitte?"
"Durch den Treffer sind diverse Systeme ausgefallen. Ich bin optimistisch,
daß wir das Schiffchen zu 98% wieder flott bekommen."
"Und was sind die restlichen 2%, Computer?"
"Die Lebenserhaltungssysteme... ich komme auch ohne die zurecht."
WAS?
"Kleiner Scherz, Chef. Natürlich 100%. Wird ein wenig dauern.
Ihr Menschlein seid immer so leicht zu foppen."
"Können wir es so einrichten..."
Brzzzz... das hörte sich nicht besonders gut unter der Konsole an,
zumal ein verschmorter Wartungsrobot herausfiel.
"Der is' doood..." kam es dumpf aus der Kontrolltafel.
Xay drehte die Augen nach oben.
Ich hasse den Bordcomputer schon jetzt.
"Können wir es so einrichten, daß wir die Systeme,
die für mich am wichtigsten sind, zuerst reparieren?"
"Gerne. Was darf es denn sein?"
"Zuerst bitte das Lebenserhaltungssystem, dann den Funk, dann den
ganzen Rest."
"Alles klar, Chef!"
"Danke."
Xay blieb nichts anderes übrig, als zu warten und er hoffte, daß
der Bordcomputer nicht auch noch anfing, dreckige Witze zu erzählen.
*
Erst jetzt merkte Xay, wie stickig es in der Kabine geworden war, als
die Ventilation wieder anfuhr und frische Atemluft hineinbeförderte.
Auch war schnell der Ozon-Geruch verschwunden, den die verschmorten Leitungen
(oder was auch immer) hinterlassen hatten. Eine halbe Stunde hatte das
gedauert und der Commander war schon recht nervös geworden. Glücklicherweise
enthielt sich der Bordcomputer jeden Kommentars. Xay konnte sich nicht
vorstellen, daß er tatsächlich froh auf dessen Stimme war, als
es tönte "Funk geht auch wieder!".
"Danke. Gib mir bitte die Frequenzen der fünf stärksten
Signale auf den Schirm."
Eine von diesen Frequenz war ihm bekannt.
"Schalte bitte auf Flottenfrequenz."
"Darf ich nicht!"
"Du darfst mich auch nicht nerven."
Ein schnippiges "Ausnahmsweise" folgte.
Bin ich ein kleines Kind oder was?
"Danke schön."
Leider war nur das kurze Geploppe zu hören, wie es für den Austausch
von Statusmeldungen zwischen beweglichen Einheiten und Raumstationen üblich
ist. Das menschliche Gehör ist nicht so aufgeschlossen für gepackte
und kodierte Information im Gigabit-Bereich.
"Chef, ich versteh's auch nicht." bemerkte der Computer ungefragt.
Das zweite Band waren Daten einer Ortungssonde, die im angrenzenden Asteroidenfeld
für die Navigation der Schiffe zuständig ist, doch auf dem dritten
Band waren eindeutig akustische Signale aufkodiert.
"Wo is'er denn? Hier muß'er doch sein! Hast Du was, Gregor?"
"Nix. Garrnix. Die Statio' hat mirr nurr den Vektorr gegebe', in der
da Kontakt abgerrissen isst."
Hört sich ja scheußlich an. Höhere Bildung haben die
zwei bestimmt nicht, dachte Commander Xay. Sicher zwei Prospektoren
auf der Suche nach dem Goldasteroiden.
"Verflucht, Gregor, Du muß' Deine Leute besser schmieren,
ne!"
"Wass kann ich denn dafürr. Es heiß', der Kerrl iss n Profi.
Glaub ich nicht, wenn e' Probleme mit derr Steuerr bekommt."
Reden die zwei etwa von mir?
"Was willste Dir denn für die Mäuse kaufen, wenn'de
ihn kriegst?"
"Möllerr, eine' riesige' Stockk, um Dich mal so richtigg zu verprügel'."
"Hahaha".
Nun, damit stand für Commander Xay fest: Kopfgeldjäger.
"Reparatur abgeschlossen in 10 Sekunden. Systeme werden aktiviert....10..."
"NEIN, Computer, jetzt nicht!"
"...9...8...7...warum denn nicht?"
"Man wird uns orten."
"...6...5...4... ist doch schön. Wir werden gerettet werden."
"Bitte noch nicht, bitte!"
"...3...2...1...sorry Chef. Alle Systeme aktiviert und funktionstüchtig."
Die Beleuchtung der Kanzel wurde wieder heller und die zwei funktionstüchtigen
Robots schleppten den starren Kollegen durch die Wartungsklappe.
"Habe ich das nicht gut gemacht, Chef?"
Commander Xay's legte die Arme überkreuzt auf die Schalttafel und
legte resigniert seinen Kopf darauf. Das Funkband wurde nun wieder munter.
"Ich hab'ne Ortung, das iss'er. Ich schnapp' ihn mir"
"Halt Möllerr, ich warr zuerstt da!"
"Dafür hab ich'n zuerst geseh'n!"
Xay warf einen kurzen Blick auf die wieder funktionierende Ortung und nahm
den Steuerknüppel in die Hand.
Zwei Punkte bewegten sich auf das Zentrum der Ortungskugel zu.
"Computer. Fahrt aufnehmen in Fluchtrichtung. Bitte Tracking aufschalten
und Schiffstypen identifizieren."
"Ok, Chef".
Die beiden Schiffe zogen nun Spuren hinter sich her, so daß Xay beide
Bewegungsvektoren und deren Veränderung genau erkennen konnte. Ein
Bild materialisierte im Hintergrund.
"Schiffstyp: Jagdraumer mit starken Effektor-Feldern im Frontbereich,
wie sie beim Aufsammeln von Asteroiden eingesetzt werden. Schätze,
die wollen Sie, Chef."
"Gregor, geh' mir aus der Flugbahn, oder ich schieß' Dir den
Hintern weg."
"Das ist mei' Fang, Möllerr"
"Nein, meiner!"
"Ich hab' zwei Fraue' und zeh' Kinder zu ernährr'."
"Du alter Lügner!"
Das gibt es doch nicht. Die spielen Wettlaufen und ich bin der Preis!
"Manöver nach 30° rechts, 10° hoch."
"Schiff hart steueeeeerbord, Chef".
Mal sehen, wie beweglich diese Raumer sind.
"60° rechts, 20° hoch."
Die Jagdraumer folgten spurtreu, allerdings etwas behäbig. Aus dem
Dialog der beiden Verfolger schloß Commander Xay, daß sie ihre
Raumer bis an die Belastungsgrenze flogen - da es sich um identische Typen
handelte, ohne einen gegenseitigen Vorteil, auch als Raumfahrer gaben beide
sich keine Blöße.
"Chef, die sind schneller. Davonfliegen können wir nicht."
"Danke, dann müssen wir ihnen entgegenkommen."
Durch das vorausgegangene Manöver flogen die Gegner nebeneinander.
"Gib mir bitte folgende Bewegungsdaten auf die Anzeige: aktuelle Geschwindigkeiten
aller Schiffe, Kursprojektion mit maximalen Kegel für Ausweichmanöver."
Genauso wie ich es mir gedacht hatte. Die Ausweichkegel für die
beiden Kopfgeldjäger waren deutlich schmaler, aber auch länger
als das meines kleines Schiffes.
"Bitte gib mir die manuelle Kontrolle auf die Sticks."
"Vergiß es! Ich gebe einfach auf. Immerhin wollen sie Dich und
nicht mich.". Das Schiff sprach so... und schaltete den Antrieb ab.
"Nein." - "Doch!". Ausweglose Diskussion mit einem
sturen Bordcomputer.
Wie der Zufall es will... "Eh, Möllerr, es beweg' sich nicht
mehrr. Mach'n wirr so: ich bekomm den Kerrl und Du hol' Dirr das Schiff."
Noch ehe die Antwort eintraf, sprang der Antrieb wieder an.
"Ich habe nachgedacht und bin überzeugt. Kontrollen zu Ihren
Händen, Chef."
Leicht grinsend griff der Commander in die Sticks und bewegte sie sachte
in alle Richtungen. Das Schiff folgte exakt den eingeschlagenen Richtungen.
Um ein wenig Gefühl für das Betriebsverhalten zu bekommen, verstärkte
Xay die Ausschläge.
"Du reagierst wirklich sehr genau. Wirst Du oft von Hand geflogen?"
"Nein, leider nein. Aber ich übe oft im Simulator, wenn ich frei
habe."
"Ok. Bevorzugst Du freien Flug oder benutzt Du die vorgebauten Szenarien?"
"Beides, aber am liebsten die Szenarien."
"Schonmal ein Weltkrieg 1 Szenario versucht?"
"Ja. Moment mal... ich ahne, wo diese Konversation hingehen soll!"
Xay befürchtete schon die schlimmste Beschimpfung, doch er wurde diesmal
überrascht, als die Stimme des Computers lebhafter wurde.
"Dieses Szenario hat mir am meisten Spaß gemacht."
Plötzlich veränderte sich das Bild in der Ortungskugel, die Schwärze
des Weltraumes wurde getauscht gegen das strahlende Blau eines planetaren
Himmels. Ein paar weiße Kleckse - Wolken. Die verfolgenden Jagdraumer
wurden durch winzige Flugzeuge ersetzt.
Xay spürte die Steuersticks zwischen seinen Fingern plötzlich
reichlich deplaziert.
"Baron, wir haben zwei Franzosen am Heck."
Oh, mein Gott. Der Computer hat einen -für diese Klasse- viel zu
großen Kreativitätsspeicher.
"Nun, dann werden wir mal etwas herumspielen."
Xay zog den Raumer 180° über Kopf und sah sich virtuellem Maschinengewehrfeuer
entgegen. Knapp vor den gegnerischen Raumern (Flugzeuge?) gab er Schub
und kam nach rechts weg. Er schrammte knapp an den Effektorfeldern vorbei
und sammelte einige Einschußlöcher in die oberen Flügel.
Den kleinen Raumer schüttelte es kräftig durch als das gegnerische
Feuer auch die Heckflosse durchsiebte. Auf gleicher Höhe mit den anderen
angekommen, tauchte er unter dem ersten durch. Die ganze Zeit war ein wildes
Gefluche aus den Lautsprechern zu hören, welches Xay aber nicht mit
Aufmerksamkeit registrierte.
"Hast Du irgendetwas, mit dem wir schießen können?"
"Bedaure, Chef. Außer Analysesonden nichts an Bord."
Er durchstieß die Lücke zwischen seinen beiden Verfolgern nach
oben. Beide Kopfgeldjäger folgten immer noch seinen Manövern
und somit ging Xays Rechnung voll auf. In dem Moment, als er beide Doppeldecker
in der Mitte passiert hatte, kreuzte ein Effektorfeld das andere... und
beide Raumschiffe verfingen sich miteinander.
"Analysesonden für Bodenschätze auf Asteroiden?"
"Ja."
"Mache bitte zwei zum Abschuß fertig. Sie sollen sich auf eine
Analyse einer größeren Menge harten Gesteines vorbereiten."
In dem Moment wurde auch der Funkverkehr wieder interessant.
"Gregor, mach die Scheiß Fangfelder aus, Du hast mich gefangen!"
"Ich denk' nich drann. Dann nimms' Du Dirr den Kerl, bevor ich wiederr
flott bin. Schalt Du doch ab."
Xay schraubte sich um den einen herum, passierte sein Heck und wendete
wieder in der Richtung der beiden Streithähne.
"Sonde 1 bitte absetzen, sofort bei Kontakt mit dem Ziel ohne weitere
Aufforderung die Spektralanalyse beginnen."
"Sonde abgesetzt".
10° rechts, 20° links, 10° rechts später und Xay bewegte
sich wieder parallel zur Achse beider Raumschiffe.
Hinter dem zweiten Raumschiff ließ er das Schiff zur Ruhe kommen.
"Eh, Scheiße, Gregor. Mir brennt da was den Arsch weg."
Gregor mußte unbedingt noch an seiner Ausdrucksweise feilen.
Sonde 2 bitte absetzten. Den gleichen Befehl wie für Sonde 1.
Spektralanalyse"
Diesmal wollte Xay unbedingt zusehen.
"Möllerr, schal' ab die Effektorfelderr, da komm' was auf mich
zu. Ich schal' auch ab."
Beide Energiefelder erloschen gleichzeitig, aber zu spät. Die Sonde
traf auf das Schubaggregat von Gregors Schiff auf und fing sofort an, einen
Teil der Düse einzuschmelzen.
"Ich kann mich nicht mehrr bewegen, da bis' nurr Du schuld."
"Ach! Was soll ich da sagen? Schmarotzer, geh' zurück ins Asteroidenfeld,
Steine fressen. Scheiße!"
"Ich knall Dich ab, ich knall Dich ab..."
Aus beiden Heckteilen löste sich Material und trieb langsam durch
das Weltall. Metalldunst und glühende Einzelteile stoben kurz auseinander,
dann hatten die Sonden Ihre Analyse erfolgreich beendet.
"Chef, beide Sonden melden, daß die Asteroiden sich für
Bergbau lohnen und beglückwünschten Sie zu Ihrem Fund, bevor
Sie sich selbst zerstört haben. Hochwertige Edelmetalle."
"He, Möller. Da muß ein Prospek'or in derr Nähe sein,
derr Glück gehab' hatt. Mein Scanner gibt mirr gerade die Funksprüche
seinerr Detektoren durch. Krebsen wirr da vorrbei, klauen sein Schiff und
seine ganze Claim gerrade mitt..."
"DU SCHEISS DUMMER IDIOT." Möller scheint
etwas aufbrausend zu sein, aus seinem Schiff löste sich der Schuß
eines Lasers, traf allerdings Gregors Schiff nicht.
"Keine gute Idee?? Dann hal' nich."
"Funk aus!"
"Funk aus." bestätigte der Bordcomputer.
"Bitte übernimm die Steuerung wieder."
Kampfcomputer-Replay
Commander Xay beschleunigte schon wieder und nahm Ziel auf das angrenzende
Asteroidenfeld in einer Stunden Entfernung.
Die beiden hatten hoffentlich genug Verpflegung für 5 Tage an Bord,
so lange würde die Rückreise zur Station mit den Notdüsen
nämlich dauern.
"Chef, Darf ich mich dem Glückwunsch der beiden Sonden anschließen
- wenn auch aus anderem Grund? Und danken möchte ich auch noch."
"Gerne... bloß warum?"
"Das hat mir richtig Spaß gemacht. Und es war gekonnt. Ich vermute,
Sie fliegen öfters selbst?"
"Sicher. Es gibt Situationen, da ist es einfach nötig."
"Welches Schiff? Einen Prospektor, eine schlanke Raumjacht oder gar
eines der Schiffe zwischen unserer Station und dem Planeten? Name reicht,
ich kenne alle Schiffe unserer Station."
"Nun... äh.... Ich fliege die THYNK TANK."
"Wahnsinn. Sie sind der Navigator der THYNK TANK! Meine Seriennummer
ist 6R555474XD2224. Du darfst 6R zu mir sagen. Wie ist Ihr Name?"
"Nun, der Navigator bin ich nicht. Sag' einfach Xay zu mir, 6R."
Die anschließende Stille fiel unangenehm aus. Hoffentlich hatte es
bei der kleinen Verfolgungsjagd keinen Schaden gegeben. Alle Systeme arbeiteten
stabil.
Nach zwei Minuten gnadenloser Stille war die Stimme des Bordcomputers wieder
zu hören, zögerlich zuerst, vor allem aber fragend.
"Xay? ... Commander ... Xay?"
"Ja, der bin ich."
"Oh heiliger Schraubenschlüssel, Mutter aller Schaltkreise. Meine
Güte. Ich darf mit Commander Xay fliegen. Er hat mich persönlich
gesteuert! Das muß ich sofort jedem Schiff erzählen, wenn ich
wieder zurück..."
"Nichts wirst Du erzählen, bevor ich mit der THYNK TANK diesen
Sektor verlassen habe."
"Jawohl! Genau wie Sie befehlen, Commander! Aber, ... sie haben mich
aus dem Polizeigewahrsam entführt und die THYNK TANK ist ebenfalls
dort... "
Nun wurde Xay ein wenig traurig. "Eben."
"Ich verstehe, Commander. Das wird schon wieder."
"Danke, 6R. Das wird wieder. Aber jetzt ins Asteroidenfeld. Ich muß
ein paar Freunde treffen."
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